Zehn teuflische Sekunden

Es waren nur zehn teuflische Sekunden.

Zehn Sekunden im Herzen irgendeines Verkündigers – vor langer, langer Zeit.

Petrus kann es nicht gewesen sein. Denn der ist an seinen frommen Vorsätzen dermaßen gescheitert, dass er für den Rest seines Lebens aus der Gnade gelebt hat. Da bin ich mir ziemlich sicher.

Nein, Petrus war es nicht. Aber irgendjemand nach ihm.

Vielleicht war es ja einer, der noch nie gescheitert ist. Einer von den Typen, die von Sieg zu Sieg eilen. Solche Menschen neigen dazu zu glauben, ihnen sei alles möglich und die ganze Welt stehe ihnen offen.

Aber das ist nicht sehr wahrscheinlich. Vermutlich handelt es sich einfach um eine teuflische Lüge, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, um das Herz eines ernsthaften Predigers zu vergiften. Ich stelle mir das so vor:

Da sitzt er in seinem Studierzimmer und bereitet eine Predigt zu – sagen wir Römer 12, 9 bis 21 – vor. Vers für Vers geht er die dort formulierten Anweisungen durch:

  • Seid herzlich und teilnahmsvoll.
  • Begegnet einander mit Respekt.
  • Lasst euren Alltag vom Gebet geprägt sein.
  • Nehmt Anteil an den Notlagen anderer Menschen.
  • Seid gastfreundlich.
  • Segnet die Menschen, die Euch verfolgen.
  • Seid bereit, auch niedrige Aufgaben zu übernehmen.
  • Zahlt niemandem Böses mit Bosheit zurück.
  • Soweit Euch das möglich ist, lebt mit allen Menschen im Frieden.
  • Übt nicht selbst Rache für Euch aus.
  • Gebt den Hungrigen zu Essen und den Durstigen zu Trinken.
  • Lasst Euch nicht vom Bösen besiegen, sondern besiegt das Böse mit dem Guten.

Er macht sich hier und da Notizen und staunt über die Wucht der göttlichen Standards.

Vielleicht wäre es anders gelaufen, hätte er den kompletten Römerbrief gelesen. Dann wäre ihm wohl auch ein Vers wie dieser nicht verborgen geblieben: „Kein einziger Mensch kann sich selbst aufgrund seiner eigenen Taten vor Gott gerecht machen. Denn das Gottesgesetz mach deutlich, was Sünde wirklich ist.“ (Römer 3, Vers 20).

So aber hatte der Vater der Lüge ein leichtes Spiel. Zehn teuflische Sekunden reichten aus.

In diesen zehn Sekunden schoss es ihm durch den Kopf und wanderte in sein Herz: „So muss ich sein, jetzt und hier, ohne Abstriche. Bin ich es nicht, bin ich verloren!“

„So muss ich sein, jetzt und hier!“. Mit diesem Anspruch, unter dieser Last beginnt er damit, seine Predigt zu formulieren. Und sie wird richtig gut. Geistreich, witzig und voller praktischer Beispiele. Eine Predigt, die man gerne hört.

Während er also die göttlichen Standards vor seiner Gemeinde verkündigt vermeidet er tunlichst jegliches Anzeichen einer eigenen Schwäche. Stattdessen garniert er seine Ausführungen immer wieder mit Berichten über sein erfolgreiches Gebetsleben, seine Nächsten- und Feindesliebe, seine Gastfreundschaft, sein soziales Engagement. Nicht ohne Wirkung auf seine Zuhörer.

Aufgrund dieser Predigt setzt sich in vielen Hörern der Eindruck fest: „Der hat es geschafft, der hat es erreicht. Der ist bereits da, wo wir erst noch hin müssen. Und wenn er das geschafft hat, dann können wir das auch. Dann ist ein Scheitern nicht vorgesehen. Dann gibt es nur Ganz oder Gar nicht.“

So wandert diese Lüge von Herz zu Herz, sie verbreitet sich wie ein Lauffeuer: „So muss ich sein, jetzt und hier, ohne Abstriche. Bin ich es nicht, bin ich verloren!“

Langsam aber stetig findet in der Gemeinde ein Klimawandel statt: aus einer Gemeinschaft der Sünder wird eine geistliche Elitetruppe. Immer mehr Geschwister spielen sich- und den anderen etwas vor. Man tut so, als wäre man schon angekommen.

Währenddessen ist unser Prediger zum viel gefragten Referenten geworden. Seine rhetorische Brillianz verbunden mit seinem siegreichen geistlichen Leben haben sich schnell in den frommen Kreisen herumgesprochen. Und so predigt er auf zahlreichen Konferenzen und bei diversen Großveranstaltungen.

Die Zeit wird knapper, die Ansprüche höher, der Druck immer größer. Also greift er schon mal zur Flasche, um sich zu beruhigen. Der Rausch hilft ihm dabei, von seinem sieghaften geistlichen Leben zu erzählen. Außerdem lügt er ja niemanden bewusst an. Er setzt halt nur an den geeigneten Stellen eine Betonung und lässt anderes aus. Den Rest machen seine Hörer. Die hören, was sie hören wollen. Was kann er dafür?

Der Absturz kommt dann plötzlich. Während einer Predigt kippt er einfach um. Liegt da vor der entsetzten Gemeinde und kommt nicht mehr hoch. Dann das Krankenhaus, die Entgiftung, die Klinik.

Anfangs rauscht es im christlichen Blätterwald. „Wie konnte so etwas nur passieren? Warum hat man das nicht viel früher gemerkt? Was hat er wohl falsch gemacht?“ Doch mit der Zeit gerät unser Verkündiger mehr und mehr in Vergessenheit. Für ihn ist das gut so. Er braucht jetzt Zeit, um sein Leben zu ordnen.

Und die Gemeinde?

Sie hätte die Chance, sich auf das zu besinnen, was wirklich trägt und hält: auf die göttliche Gnade. Doch leider gibt es da schon andere Verkündiger, die bei ihrem gescheiterten Vorgänger in die Lehre gegangen sind. Jahrelang haben sie unter seinen Predigten gesessen. Nach wie vor sind sie davon überzeugt: „So muss ich sein, jetzt und hier, ohne Abstriche. Bin ich es nicht, bin ich verloren!“

Und so setzt sich dieses teuflische Spiel fort. Es ist ein Kommen und Gehen, ein Aufsteigen und Abstürzen. Bis heute.

Und das alles wegen zehn teuflischer Sekunden – vor langer, langer Zeit.

Bitte sei nicht nett zu mir!

Quelle: www.pixabay.com

bitte
tu das nicht
du musst nicht
mit mir reden
nicht diesen
belanglosen scheiß
und bitte nicht
diesen blick
ich habs versaut
ich weiß

ich hab
zu viel gewollt
hab die summe
meines lebens
auf dich gesetzt
alles gewagt
dich hat das
kalt gelassen
hab dich auch
nie gefragt

du kannst
mich verachten
mich bloßstellen
in offene
wunden fassen
nur bitte
bitte sei nicht
nett zu mir
ich würd mich
ewig hassen

ich brauche
eine weile
sammle teile
klebe scherben
der rest heilt
mit der zeit
nur eines
könnte ich
nie ertragen:
dein mitleid

© Volker Halfmann

Lehre uns beten!

Lukas 11, 1-4

Quelle: www.pixabay.com

Eigentlich hätte es ein kurzes Gebet von 5 Minuten werden sollen. Doch dann hat der HERR mich ständig unterbrochen, um mir beizubringen, wie man richtig betet. Am Ende sind dann aus den 5 Minuten 50 geworden…

Die Predigt dauert allerdings nicht so lange. Du findest sie hier.

Einfältig glauben

Quelle: www.pixabay.com

Ist es möglich, in den tiefsten Krisen des Lebens zu einem einfachen und kindlichen Glauben zu finden?

Muss man nicht völlig naiv sein, um trotz des erfahrenen Leids noch auf Gott zu vertrauen?

Zum Artikel aus der Zeitschrift AUFATMEN (1, 2018) geht es hier…

Ein Gott, der Dich sieht!

Lukas 1, 46-50

„Du hast die Niedrigkeit Deiner Magd angesehen“, so betet Maria.

Aber ist das wirklich denkbar, ist das Realität? Schaut Gott wirklich auf den Einzelnen? Sieht Gott Dich wirklich?

Und wenn er es tut, mit welchen Augen schaut Gott Dich dann an?

Exakt nach 15 Minuten solltest Du Dir das folgende Video anschauen (aber bitte nicht schon vorher, sondern an der vorgesehenen Stelle!):

Zur Predigt geht es hier…

Free Hugs – Weil Liebe stärker ist, als die Angst

Quelle: www.pixabay.com

Ich habe an diesem Sonntag einige herzliche Umarmungen erlebt und bin sehr dankbar dafür: dankbar für die Geschwister, die ich lieben darf, obwohl ich Angst vor ihnen hatte…

Zur Predigt (in Anlehnung an Josua 1, 1-9) geht es hier

 

Advent, Advent, ein Asylantenheim brennt

Quelle: www.pixabay.com

Der folgende Text stammt aus dem Jahr 2015. Damals ging gerade das Bild von einem ertrunkenen Jungen durch die Medien, der an der türkischen Küste gefunden wurde:

Advent, Advent, ein Asylantenheim brennt,
erst eins, dann zwei, dann drei dann vier,
nicht nur in Sachsen, sondern auch hier.
Es ist ein Hass entsprungen aus einer Wurzel zart,
erst heimlich und leise, dann laut gesungen,
verachtend, verletzend und hart.
Inzwischen darf jeder seinen Dreck verbreiten,
der online ist und tippen kann,
sicher, man versucht auch einzuschreiten,
doch hast du einen erwischt, fangen zehn andere an.

Moralisch korrekt und mit reinem Gewissen,
so wollten wir diese Tage genießen.
Doch auch mit Bio-Ente und Fairtrade-Kaffee
kann es mir ganz schön die Freude vermiesen,
was ich da in den Medien seh':
Ein holder Knabe mit dunklem Haar
liegt tot am Strand von Akyalar.
Auch elf andere werden tot geborgen,
"Darf ich mich da noch um den Braten sorgen?"
Wie würde Jesus feiern in diesen Tagen,
was würde er raten, was würde er sagen?

Ich denke, Jesus würde ein Fass aufmachen,
würde Weihnachten feiern, singen und lachen
und zwar bei denen, die in diesem Land fremd sind,
die vielleicht noch gar nichts wissen vom Kind,
das geboren wurde, um sie mit Gott zu versöhnen.
Mitten hinein in das Stöhnen um diese schlimme Zeit
würde er aufstehen, losgehen, Zeichen setzen,
und dort, wo andere hetzen und Ängste schüren,
wo man versucht, die Leute zu verführen,
da würde Jesus Liebe bringen in Worten und Taten
und ich bin mir sicher, er würde uns Folgendes raten:

"Herbei, o Ihr Gläubigen, fröhlich triumphieret!
Lasst Euch die Freude bitte nicht nehmen, nur gieret
nicht nach dem perfekten Fest und dem Lichterglanz.
Macht Euch kein schlechtes Gewissen, aber auch keine Illusionen,
es wird sich nicht lohnen, das Dunkel zu verdrängen,
es ist immer noch da, auch nach Rotkohl und Gans.
Ich bin gekommen, um diese Welt zu erlösen, um sie aus Sünde zu befreien.
Und inmitten all dem Bösen kann es heute Weihnachten sein,
wenn ein Mensch umkehrt, sich öffnet für meine Kraft,
wenn mein Geist in ihm neues Leben schafft.
Darum zeigt es den Menschen, lasst es sie spüren und hören:
'Jesus ist kommen, der König der Ehren!'".

© Volker Halfmann im Dezember 2015

Kickers oder Kirche?

Das folgende „Wort zum Wochenende“ stammt – wie man unschwer erkennen kann – aus der vergangenen Zweitliga-Saison (ich hatte vergessen, es hier einzustellen). Inzwischen können die Kickers wieder siegen – aber das hat fast ein Jahr gedauert…

Quelle: www.pixabay.com

Man sagt, die großen Fußballstadien seien die „Kathedralen der Neuzeit“, da an jedem Wochenende Hunderttausende Fans in die Stadien pilgern, um ihrem Verein zu huldigen, während zugleich immer weniger Menschen regelmäßig in die Kirchen gehen, um den dreieinigen Gott anzubeten. Aber muss das zwingend eine Alternative sein: Kickers oder Kirche? Für mich ist es das nicht!

Als Kickers-Fan mit einer Stehplatz-Dauerkarte habe ich bislang noch kein einziges Heimspiel verpasst. Ehrlich gesagt war es nicht immer begeisternd, was ich da zu sehen bekommen habe. In der zweiten Liga werden die Spiele eben nicht durch Eleganz und Technik, sondern eher durch Kampfbereitschaft entschieden, und manchmal wird dann aus dem Kampf ein ziemlicher Krampf. Aber es waren auch echte Highlights dabei, allen voran das 3:0 gegen den großen VfB Stuttgart. Da habe ich mich auf der Tribüne mit wildfremden Menschen abgeklatscht und gemeinsam haben wir gesungen: „Oh, wie ist das schön…“.

Als Christ besuche ich an jedem Wochenende den Gottesdienst. Auch hier sind die Erfahrungen unterschiedlich. Manchmal empfinde ich den Gottesdienst als etwas zäh und verkrampft – was allerdings auch an meiner subjektiven Wahrnehmung oder an meiner eigenen Haltung liegen kann. Andere Gottesdienste wiederum sind echte Höhepunkte für mich: Da bete ich Gott von ganzem Herzen und mit ganzer Kraft an, da erlebe ich lebendige Gemeinschaft mit den Geschwistern, da werde ich durch das göttliche Wort getröstet, gestärkt, ermutigt oder auch ermahnt, wo es nötig ist. Da begegne ich Jesus Christus im Abendmahl und sein Heiliger Geist erfüllt mein Herz mit Freude und Dankbarkeit. Gestärkt gehe ich dann wieder in den Alltag zurück, in dem Bewusstsein: „Jesus ist bei mir – egal, was ich tue und wo ich auch bin: ER lässt mich nicht los.“

Kickers oder Kirche? Zum Glück muss ich mich ja nicht zwischen beiden entscheiden, aber müsste ich es, so würde ich die Kirche wählen.

Die Entwicklung der Würzburger Kickers ist ein Phänomen, das zurecht Begeisterung in der gesamten Region auslöst (zumindest bei allen Fußball-Interessierten). Und ich hoffe sehr, dass bis zum Ende der Saison die rettenden 40 Punkte noch erreicht werden. Aber Fußball ist und bleibt eine Nebensache.

Es sind eben nicht die Kickers, sondern Jesus Christus, der mein Leben segnet: Es ist Jesus, der mir meine Schuld vergibt, mich aus Abhängigkeiten befreit, mein Herz mit Liebe und Freude füllt, mich in dunklen Stunden festhält und der mir Trost, Kraft und Hoffnung schenkt – selbst über den Tod hinaus. Und so ist jedes Osterfest für mich ein ganz besonderes Highlight, denn Christus hat den Tod besiegt, ein für allemal. Jesus ist Sieger – über Hölle, Tod und Teufel und über jede Form von Erstarrung und Verwesung. Auch mich hat er in seiner Liebe heraus gezogen aus dem Sumpf meiner Selbstbezogenheit und Schuld . Das werde ich feiern – und wie!

In Psalm 26,8 heißt es: „Ich liebe das Haus, in dem du wohnst, wo du in deiner Herrlichkeit uns nahe bist.“ Ich kann das sehr gut nachvollziehen, denn schon ein Hauch der göttlichen Herrlichkeit im eigenen Leben ist erfüllender als alles, was die Welt an Herrlichkeiten zu bieten hat.

Sollten Sie ein Fußballfan sein, dann sehen wir uns vielleicht am Samstag auf dem Dallenberg: beim Heimspiel der Kickers gegen Dynamo Dresden. Noch schöner aber wäre es, wir würden uns auch einmal in einem Gottesdienst treffen. Wobei es nun wirklich nicht meine Kirche sein muss, die Sie besuchen. Ich hoffe nur, dass Sie es einmal ausprobieren, denn beides ist möglich: Kickers und Kirche!

Darum muss es Zweifel geben

Quelle: www.pixabay.com

Vor Jahren war ich auf einem Seminar für Verlobte. Da stand eine junge Frau auf und betonte: „Mein Verlobter und ich, wir haben uns in unserer einjährigen Verlobungszeit noch nie gestritten.“ Worauf der Referent besorgt antwortete: „Das tut mir Leid, denn dann habt Ihr ein ernsthaftes Problem!“

Und wenn mir heute jemand sagt: „Ich bin jetzt schon seit vielen Jahren Christ, habe aber noch niemals Zweifel gehabt“, dann würde ich ihm exakt dasselbe antworten: „Das tut mir Leid, denn dann hast Du ein ernsthaftes Problem!“

Den Wert der Gesundheit erkennst Du erst durch die Schmerzen der Krankheit.

Der Zauber des Lichts entfaltet sich nur in der Dunkelheit (einzigartig zu erleben im Gasometer Oberhausen).

Oder etwas profaner formuliert: Würde der FC Bayern in dieser Saison wieder Deutscher Fußballmeister werden, dann wäre das nichts Besonderes mehr. Sollte aber der VfL Bochum jemals Meister werden, dann wäre das eine (noch nie dagewesene) Sensation.

Unser Leben besteht aus zahlreichen Gegensätzen und ohne diese Gegensätze wäre alles gleich gültig und damit gleichgültig. Das Leben wäre so spannend wie eine Bundesstraße in Norddeutschland: keine Höhen und Tiefen, keine Kurven und als Aussicht gibt’s immer nur Felder, Felder und noch mal Felder. Auf einer solchen Straße kämpfst Du schon nach fünf Minuten gegen den Schlaf.

Darum gehören Zweifel zum Glauben dazu! Sie sind gewissermaßen der dunkle Hintergrund, vor dem sich der Glaube als ein einzigartiges Geschenk entfaltet.

In 2. Kor. 4, Vers 6 schreibt Paulus: „Gott, der sprach: >>Aus der Dunkelheit soll das Licht hervorleuchten!<<, der hat es in unseren Herzen hell werden lassen.“

Doch dieses Licht strahlt nicht immer gleichmäßig. Es gibt auch Zeiten, in denen sich die alte Dunkelheit im Herzen breit machen will.

So jedenfalls erlebe ich das:

„Du bist die Hilfe, die nie zu spät kommt“ ist eine Liedzeile, die ich bis heute nicht mitsinge. Denn ich kenne Menschen, für die jede Hilfe zu spät kam (zumindest aus meiner irdischen Perspektive, die ich nun einmal habe).

Manchmal frage ich mich mit Forrest Gump, ob ich vielleicht doch nur wie ein Blatt im Wind bin, das mal hierhin- mal dorthin gewirbelt wird. Vielleicht aber hat ja auch die Mutter von Forrest Gump recht, die immer gesagt hat: „Wenn Gott vor Dir eine Tür zuschlägt, dann macht er gleichzeitig eine andere für Dich auf“. Oder stimmt etwa beides gleichzeitig?

Ich kann Asaf gut verstehen, der in Psalm 73 betet: „Ich aber wäre fast zu Fall gekommen. Beinahe hätte ich den Boden unter den Füßen verloren. Denn ich habe die stolzen Menschen beneidet, als ich sah, wie gut es ihnen trotz ihrer Bosheit ging“ (Verse 2-3).

Und ich fühle mit Thomas mit, von dem es im Evangelium nach Johannes heißt: „Thomas war nicht dabei, als Jesus (als der Auferstandene) kam. Die übrigen Jünger erzählten ihm: >>Wir haben den Herrn gesehen!<< Doch er erwiderte: >>Das glaube ich nicht, es sei denn, ich sehe die Wunden von den Nägeln in seinen Händen, berühre sie mit meinen Fingern und lege meine Hand in die Wunde an seiner Seite.<< (Joh.20, 24-25).

Diese Zweifel sind nicht immer da. Aber von Zeit zu Zeit krabbeln sie aus ihren Verstecken, um mir zuzusetzen – je nachdem, was ich gerade erlebt habe.

Früher habe ich mich meiner Zweifel geschämt. „Als Christ darf man nicht zweifeln!“. Wörtlich gesagt hat das vielleicht niemand, aber ausgestrahlt haben das manche.

Heute weiß ich: Gerade vor dem Hintergrund meiner Zweifel wird das Geschenk des Glaubens umso wertvoller!

Ich glaube eben nicht, weil alles so eindeutig dafür spricht, dass ich gar nicht anders kann.

Sondern ich glaube trotz- und mit allen Fragen und Zweifeln, die neben allen Argumenten für den Glauben und allen positiven Glaubenserfahrungen eben auch da sind.

Es gibt Zeiten, in denen ich nur so strotze vor Glaubenskraft. Da wundere ich mich dann ernsthaft, warum es in dieser Welt überhaupt noch Atheisten oder Zweifler gibt.

Ich kenne aber auch andere Zeiten: Phasen, in denen mein Glaube stark ins Wanken gerät. Zeiten, in denen ich mit Gott ringe und doch nicht von ihm loskomme.

In solchen Zeiten halte ich mich an Asaf, der in Psalm 73 betet: „Dennoch bleibe ich stets bei Dir, denn Du hast meine rechte Hand gefasst“ (Vers 23).

Denn wie könnte ich jemals den Gott loslassen, der mich in seiner Liebe ergriffen hat?

Kurzum: Ohne Zweifel wäre der Glaube kein Vertrauen, sondern das eindeutige und zweifelsfreie Ergebnis einer empirischen Untersuchung. Einmal vorgelegt würde sie jeden überzeugen, der noch klar bei Verstand ist.

Aber in- und mit allen Zweifeln ist der Glaube ein Ergriffensein von dem, der mich durch seinen Geist ergriffen hat. Er ist ein einzigartiges, wunderbares, hell strahlendes Geschenk inmitten der Dunkelheit. (Dass der Glaube ein Geschenk ist, findet sich wörtlich in Philipper 1, Vers 29).

Zurück zu den Gegensätzen:

Die Freude braucht die Trauer, um Freude sein zu können.

Die Tatkraft braucht die Müdigkeit, um Tatkraft sein zu können.

Der Erfolg braucht zahlreiche Misserfolge, um noch gefeiert zu werden (wie beim VfL Bochum).

Und das Licht braucht die Finsternis, um strahlen zu können.

Genauso braucht der Glaube den Zweifel, um nicht zu einer Schlussfolgerung zu verkommen.

Darum muss es Zweifel geben!

Der Greifreflex der Seele

Wenn Babys geboren werden, dann bringen sie einige Reflexe mit, die ihnen das Überleben sichern sollen. Zu diesen gehört neben dem Schlucken und Saugen auch der Greifreflex. Übt man etwas Druck auf ihre Handinnenfläche aus, so greifen ihre klitzekleinen Fingerchen zu und klammern sich fest.

Quelle: www.pixabay.com

Angesichts ihrer eigenen Schutzlosigkeit und Abhängigkeit bringen Neugeborene also die Fähigkeit mit, sich dort festzuklammern, wo es für sie Halt und Sicherheit gibt.

Ich bin fest davon überzeugt: Nicht nur unser Körper bringt solch einen Greifreflex mit, sondern auch unsere Seele.

Denn angesichts einer Vielzahl von unbeantworteten existentiellen Fragen sind wir in unserer Seele ebenso schutzlos und abhängig wie ein Baby, und seien wir auch noch so alt: „Was ist der Sinn meines Lebens? Hat das alles überhaupt einen Sinn? Bin ich ein Zufallsprodukt? Hat mein Leben ein Ziel? Wo finde ich ein tragendes Fundament angesichts von Schmerzen und Leiden? Was wird am Ende wirklich zählen? Was kommt nach dem Tod? Wie kann Schuld gesühnt werden? Und gibt es Vergebung für meine Schuld? Wer sagt uns eigentlich, was gut und richtig ist? Woher kommt das Böse in der Welt?“

Solche Fragen werden nicht immer ausgesprochen, aber sie sind da, treiben uns um, verunsichern und ängstigen. Und angesichts dieser Hilflosigkeit hat die Seele einen Greifreflex entwickelt. Sie klammert sich (oft unbewusst) an etwas fest, was ihr den erhofften Sinn und Halt geben soll.

Manchmal klammert sich unsere Seele an den Partner: „Du sollst der Sinn meines Lebens sein.“ Doch der Partner ist mit diesem Anspruch überfordert und erstickt darunter. Die Beziehung zerbricht.

Ein anderes Mal klammert sie sich an das gerade vorherrschende Schönheitsideal und an das Streben nach körperlicher Kraft, Fitness und Unversehrtheit. Das kann einige Jahre gut gehen. Doch es kommt die Zeit, in der sie die Erfahrung macht, dass Alter und Krankheit sich nicht aufhalten lassen.

In anderen Phasen unseres Lebens klammert sich die Seele an den Beifall und die Anerkennung anderer Menschen. Bis sie schließlich schmerzlich erkennen muss, dass Anerkennung nur ein Abglanz von dem ist, was Liebe zu geben vermag: Anerkennung erfährst du für das, was du tust. Liebe aber liebt dich, weil du bist!

Sehr gerne klammert sich unsere Seele an materiellen Besitz. Denn er vermittelt uns das Gefühl, abgesichert und versorgt zu sein. Und oft wird gerade dieser Klammergriff zu einem Krampf, der sich kaum noch lösen lässt. Menschen, die bereits viel haben, wollen immer noch mehr. Auf dem Sterbebett lassen sie dann alles zurück (sie vererben ihr Vermögen den Kindern, die sich wiederum daran klammern).

Christus hat diesen Greifreflex der Seele einmal so beschrieben (im Evangelium nach Matthäus, Kapitel 4, Vers 4): „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein!“

Das Irdische reicht ihm nicht, um zu leben. Reichtum und Besitz, körperliche Kraft und Fitness, Erfolg und Anerkennung – das alles kann seiner Seele nicht den erhofften Halt geben. Es stellt sich kein innerer Friede ein.

Woran aber soll sich die Seele klammern? Wen oder was könnte sie ergreifen? Wovon lebt denn der Mensch, wenn nicht „vom Brot alleine“?

Noch einmal Christus (in Mt.4, 4): „In Wirklichkeit ist er ganz abhängig davon, dass Gott sein lebendig machendes Wort ausspricht.“

Das größte und herrlichste Geschenk, das einem Menschen jemals widerfahren kann, ist nicht der Traumpartner, nicht der Nobelpreis, nicht der Lottogewinn und nicht einmal jahrelange körperliche Unversehrtheit (zweifelsohne ein hohes Gut).

Das größte und herrlichste Geschenk, das einem Menschen jemals widerfahren kann ist, vom Wort Gottes in der eigenen Seele berührt zu werden.

Gott berührt dich mit seinem Wort und deine Seele greift zu. Sie klammert sich an Christus, den Sohn Gottes: gestorben und auferstanden, um dich mit Gott zu versöhnen!

Versöhnt mit Gott kommt die Seele zur Ruhe. Verbunden mit Christus lösen sich die zahlreichen anderen Klammergriffe. Das Leben beginnt, sich mit Leben zu füllen! Eine nie gekannte innere Freiheit entsteht:

Freiheit von den unrealistischen Erwartungen an den Partner, Freiheit von der Anerkennung und den Beifall anderer Menschen, Freiheit vom Streben nach materiellem Besitz, Freiheit vom Ideal körperlicher Unversehrtheit, Freiheit von stofflichen und nichtstofflichen Süchten, Freiheit von Kontrollzwängen und der Illusion, das eigene Schicksal in der Hand zu halten.

Du wirst frei, um zu leben, frei um zu loben, frei um zu lieben!

Das Wort Gottes ist eine unvergleichliche einzigartige Kraft. Es führt hinein in eine Lebensdimension, die sich niemals verbraucht, die ewig hält und trägt.

Wen der Sohn Gottes frei macht, der ist wirklich frei!“ (Johannes 8, Vers 36)

Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird bis in die Ewigkeit hinein nie mehr von Durst gequält werden. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer Quelle werden, die immer weiter sprudelt, bis in das unbegrenzte, ewige Leben hinein.“ (Johannes 4, Vers 14)